Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. Autor: Michael Good, Heft 20/2011

yacht

Yachttest der Hanse 385

Hanse 385: Die Entwicklung

Die Einteilung des Marktes in Fahrtenyachten, Performance-Cruiser oder Regattaboote ist schwieriger geworden, zeigt sich längst nicht mehr so klar und deutlich wie vor Jahren noch. Denn ein modernes Schiff muss heute breiter ausgerichtet sein, als es die grobe Gruppierung gemeinhin vorgibt. Die Nachfrage verlangt offensichtlich nach den grenzüberschreitenden Booten mit multiplen Eigenschaften. Viel Volumen für Komfort und Raumgefühl reicht nicht mehr, das Schiff muss auch gut segeln und funktionieren - was in der Vergangenheit oft sekundär war. Die Werften haben darauf reagiert, so auch Hanseyachts. Nur wagen die Greifswalder Yachtbauer noch beherzter den Spagat zwischen Komfort und Segeleigenschaften.

Die jüngste Generation der Fahrtenschiffe aus Greifswald zeigt mehr sportliche Attituden als die Mehrheit der Konkurrenz. Zwar sind Hanses immer noch klar auf der Seite der Tourer zu Hause, sie nähern sich aber Performance-Cruisern an. Mit den zwei großen Yachten Hanse 430 und Hanse 495 (YACHT8/11) hat die weltweit drittgrößte Werft ihre neue Linie im Fahrtenbereich längst gefunden.

Nun folgt mit der Hanse 385 ein weiteres Exemplar im schwierigen mittleren Segment. Die Klasse um elf Meter Rumpflänge ist nicht nur reichhaltig besetzt, sondern derzeit auch mit diversen neuen Schiffen bestückt. Der Wettbewerb in Form der Bavaria Cruiser 36, Jeanneau Sun Odyssey 379 oder Dufour 425 Grand Large präsentiert sich ebenfalls individuell und attraktiv. Mehr Breite, mehr Platz Hanse will und muss gegenhalten. Die Boote aus der 370er-Modellreihe (Hanse 370 und Hanse 370 performance) waren stets die Bestseller der Werft, über 1.000 Einheiten wurden gebaut. Das bedeutet hohe Erwartungen der Kunden wie der Werft auch.

Hanse 385: Im Yachttest

Wird die neue Hanse 385 den Erfolg ihrer Vorgängermodelle wiederholen oder sogar noch übertreffen können? Um dies zu klären, ging die YACHT in Norwegen in der Nähe der Hauptstadt Oslo an Bord des Prototypen. Schon der Zugang über das Heck zeigt eine der wesentlichsten Änderungen im Vergleich zu den Vorgängerinnen: Achtern fällt die Hanse 385 extrem breit aus.

Hanse 385: Der Rumpf

Anders als man aufgrund der Bezeichnung vermuten könnte, ist der komplett neugestaltete Rumpf rund 25 Zentimeter kürzer als zuvor, fällt dagegen mit einer Breite von 3, 88 Metern aber dennoch um 13 Zentimeter voluminöser aus. Eine riesige Badeplattform erleichtert den Einstieg (wenn das Boot denn entsprechend liegt), und weiter geht's zwischen den doppelten Steuerrädern hindurch geradewegs ins Cockpit.

Auch der Tisch mit den abgeklappten Flanken stört kaum, und so findet man selbst mit umgehängtem Gepäck ungehindert seinen Weg durch die Plicht in Richtung Niedergang mit dem Teleskop-Steckschott. Das gefällt schon mal. Die Badeplattform ist übrigens so groß, dass sie auch als Sonnenliege nützlich sein kann. In der Klasse bietet nur die Bavaria 38 cruiser eine ähnlich große Seeterrasse. Aufgeholt verdeckt die Klappe zudem ein praktisches Staufach für die Rettungsinsel im Heck.

Die Epoxid-Version, mit der das Modell Hanse 370 noch beworben wurde, hat Hanse mittlerweile aus dem Angebot gestrichen. Das hochwertige Harz findet bei Hanse nur noch bei den großen Yachten Verwendung, und lediglich auf Anfrage. Dafür wird im Rumpf der Hanse 385 jetzt ein Wabenvlies einlaminiert. Das Fasergelege soll ähnlich einem Sandwichlaminat die Struktur deutlich aussteifen. Für die äußeren Laminate werden weiterhin hydrolysebeständige Vinylesterharze verwendet.

Hanse 385: Unter Segeln

Das Setzen der Segel bedeutet für die Mannschaft nicht viel Arbeit. Die standardmäßige Selbstwendefock ist schnell und mühelos ausgerollt, das Großsegel kommt dank (optionaler) Elektrowinschen auf dem Testboot sogar per Knopfdruck hoch. Das Handling ist also denkbar einfach, so will es das neue Schiffskonzept von Hanse. Auch beim Segeln braucht es nicht viele Hände an Deck. Die Schoten, Fallen und Trimmleinen werden unter dem Aufbau hindurch nach achtern auf das Süllbord geführt, und zwar ausnahmslos.

Anders als beim Wettbewerb bleibt damit der Niedergangsbereich vollständig frei; Tourensegler werden dies begrüßen. Dazu kommt: Im Einhandeinsatz kann der Steuermann sämtliche Manöver von seinem Arbeitsbereich an den Rädern aus regeln. Nicht, dass er dabei viel zu tun hätte. In Verbindung mit der Selbstwendefock funktionieren die Richtungswechsel simpel und reibungslos. Für die Wende genügt bloßes Ruderlegen, einfacher geht es kaum. Alternativ zur Selbstwendefock offeriert Hanse für seine 385 aber auch eine Genua mit 106 Prozent Überlappung - was vor allem Seglern in Binnen- und Schwachwindrevieren entgegenkommt. In diesem Fall sollte jedoch ein Paar zusätzliche Winschen geordert werden, die gibt es als Sonderausstattung. Das macht Sinn, damit das Vorsegel immer frei und unabhängig von den anderen Funktionen getrimmt und geschiftet werden kann.

Mehr Segel, bessere Leistung: Eine große, weit überlappende Genua ist übrigens nicht realisierbar, weil die Wanten-Kräfte jetzt ganz außen direkt in den Rumpf eingeleitet werden und nicht mehr wie bisher nahe am Kajütaufbau. Der Nachteil: Das Unterwant geht von den Püttings in einem flachen Winkel zur ersten Sailing ab und behindert damit den Durchgang auf das Vorschiff, der Umweg über den Kajütaufbau ist unvermeidlich.

Eine Rigggeometrie, die inzwischen sehr verbreitet ist. Der Zweisalingsmast von Z-Spar steht bei der Hanse 385 rund 15 Zentimeter weiter achtern als bei der 370 und der 375. Damit ist das J-Maß länger und die Fläche des Selbstwenders größer geworden.

Hanse 385: Segeleigenschaften

Zum Yachttest der Hanse 385 in Norwegen kann das Boot die Vorteile der Fock jedoch nicht ausspielen. Der Wind weht leider nur schwach mit 6, maximal 8 Knoten Stärke. 4, 5 Knoten Geschwindigkeit auf einem Winkel von 45 Grad zum Wind sind dennoch ordentliche Werte, die von einem hohen Potenzial der Konstruktion aus dem renommierten Büro von JudelVrolijk & Co in Bremerhaven zeugen. Eine Genua würde die Messdaten im Test noch nach oben steigen lassen. Zudem gibt es Verluste beim Trimm des Großsegels. Ein Traveller auf dem Kajütdach oder sogar am Cockpit wird für die Hanse 385 aus Gründen des gewollt einfachen Layouts leider prinzipiell nicht mehr angeboten. Für die Vorgängermodelle war diese Varianz noch vorgesehen. Sie ist insbesondere bei aktiven Seglern sehr willkommen - die einfache Großschotführung über die Hahnepot auf dem Dach lässt ein sauberes Austrimmen des Segels nicht zu. Das passt nicht zum insgesamt durchaus auch sportlichen Auftritt der Hanse 385. Erfreulich dagegen ist die Leichtigkeit, mit der sich das Schiff lenken lässt.

Die doppelte Steueranlage von Jefa funktioniert einwandfrei und ist auf der Testyacht auch tadellos eingestellt. Dazu ist der Quadrant unter einer Klappe auf dem Achterdeck von außen perfekt zugänglich. Das Boot zeigt sich unterwegs ungewöhnlich drehfreudig und mutet weniger träge an als viele Yachten derselben Größe. Im Standard wird ein sportlicher und mit 1, 99 Metern auch recht tiefer T-Kiel aus Gusseisen mit Bombe angeflanscht, für Tourenyachten ist das ein eher seltenes Merkmal. Als Varianz dazu offeriert Hanse die Option auf einen L-Kiel mit nur 1, 62 Meter Tiefgang. In dem Fall wird auch das lange und schlanke Ruderblatt etwas gekürzt.

Hanse 385: Unter Deck

Die vergleichsweise große Breite der Hanse 385 verschafft dem Interieur ein ungewöhnlich großzügiges Raumgefühl. Der kantige, geradlinige und schnörkellose Innenausbau nach Hanses sogenanntem Loftstyle wirkt zusätzlich leicht und luftig. Standard ist der Ausbau mit Möbelfurnieren in einem relativ dunkel gebeizten, fast schon rötlichen Mahagoni. Zusammen mit den hellen Flächen von Decke, Schottwänden und Innenschale ergeben sich markante Farbkontraste, die man mögen muss. Wer das nicht tut, hat die Wahl von helleren Holzvarianten in amerikanischer Kirsche oder Teak, muss dafür aber einen Aufpreis zahlen. Selbst für die Bodenbretter gibt es farbliche Alternativen.

Mehr Raum, neue Möglichkeiten!
Wie fast alle Boote der Konkurrenz um elf Meter Länge ist auch die Hanse 385 in Ausbauvariationen mit zwei (Standard) oder drei Kabinen erhältlich. Die Navigation eignet sich höchstens als Ablage für Kleinmaterial, und der klappbare Hocker ist zwar hübsch und smart, aber unterwegs gänzlich unpraktisch und allenfalls auf der Messe ein gutes Verkaufsargument. Im Bad fehlt eine Abtrennung zum Duschen. Die Vor-Vorgängerin Hanse 370 wies diese Annehmlichkeit noch auf.

Bestnoten erhält die Hanse 385 dagegen bezüglich des Raumangebots im Vorschiff.

Hier gibt es nicht nur genügend Platz für zwei, sondern ungewohnt üppige Kojenmaße. Das Bett lang und breit genug, damit auch zwei Großgewachsene entspannt schlafen können. Weiter ist die Stehhöhe im Vorschiff rekordverdächtig. 1,97m beträgt das lichte Maß unter der Luke direkt über dem Standbereich. Eine zweites, ebenfalls großes Luk ist weitervorn direkt vor dem Schott zum Ankerkasten eingesetzt.

Damit ist die Hanse 385 das einzige Schiff dieser Größe, das vorn zwei große Dachfenster aufweist, das ist neu. Entsprechend hell und angenehm wirkt der Raumeindruck.

Hanse 385: Fazit

Mehr Schiff, weniger Geld! In der Basisversion mit Segeln kostet die Hanse 112 800 Euro - eine Kampfansage für den Wettbewerb und nur schwer zu unterbieten. Einzig Bavaria kann sich preislich einmal mehr absetzen und bietet die Cruiser 36 etwa 15000 Euro günstiger an. Die französischen Werften Beneteau und Jeanneau verlangen dagegen für ihre Konkurrenzmodelle wie Oceanis 37 etwas mehr Geld, bleiben aber dennoch im vergleichbaren Rahmen. Bilanz nach dem Yachttest:

Die Hanse 385 kann mit ihrer Selbstwendefock auch bei wenig Wind überzeugen. Sie fühlt sich leichter an als die Konkurrenz, lebendiger. Dazu gefällt auch das Layout im Cockpit, das den Vorstellungen für ein möglichst einfaches und simples Handling genau entspricht. Und der Preis stimmt. Mit dem Paket kann sich Hanseyachts fraglos auf den kommenden Messen sehen lassen.

 

Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten

Zurück

Newsletter

Newsletter

Service Kontakt

Sie haben Fragen, Wünsche oder Anregungen?
Wir freuen uns von Ihnen zu hören.

+49 (0) 4362 / 73 23

Mo. - Fr. 09:00 bis 17:00 Uhr

1. Klasse Yachten Charterzentrum